18.02.2010, 06:28 | #1 |
Routinier
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Ubud Update 2010
Unser zweimonatiger Winteraufenthalt ist zwar zum Glück noch nicht zu Ende, trotzdem ist es Zeit für ein Update.
Das Fazit fällt dieses Jahr deutlich ernüchternder aus als zuvor. Ubud befindet sich meines Erachtens im Moment an einem Scheidepunkt. In der Stadt herrscht so eine Art Goldrausch-Stimmung, was einige positive, vor allem aber viele negative Konsequenzen hat. Wir kommen seit 1990 regelmäßig in die Stadt und haben sie niemals zuvor, auch nicht in den „goldenen 90-igern“, so voll erlebt. Nun wird der eine oder andere einwenden, die Restaurants seien doch heute leerer als damals. Das mag auf den ersten Blick so erscheinen, man darf allerdings nicht vergessen, dass es damals nur rund ein Drittel des heutigen Angebots an Lokalen gab. Selbst jetzt, in der absoluten Nebensaison, ist es in den (Preis-Leistungs-mäßig) besten und damit auch beliebtesten Restaurants der Stadt manchmal schwierig, ohne Reservierung einen Platz zu bekommen. Dabei hat sich die Gästestruktur deutlich verändert. Das Bild auf den Straßen wird hauptsächlich von Chinesen und Koreanern bestimmt, die Busladung auf Busladung am Markt ausgeladen werden. Die typische Ubud-rush-hour von 11:30 bis 15:00 gab es schon immer. Jetzt ist die Situation aber noch katastrophaler - der Verkehr staut sich manchmal bis fast an die Campuanbridge - und das Chaos dauert oft bis in die frühen Abendstunden. (Wie es wohl in der Hauptsaison ist? Darüber denke ich lieber gar nicht nach!) Zudem geht die Gelassenheit, die Ubud früher auszeichnete, mehr und mehr verloren. Vor allem die Chinesen hetzten durch die Stadt, immer hinter dem Reiseführer mit dem blauen (gelben, roten, grünen) Fähnchen her. Dabei nehmen sie keinerlei Rücksicht, gehen selbst vor alten Frauen keinen Schritt zur Seite, sondern erwarten stets, dass man ihnen ausweicht. Und was vor Jahren undenkbar war, ist heute Normalität: Touristen betreten die Tempel, ohne die vorgeschriebene traditionelle Kleidung angelegt zu haben. Die alten Schilder, die darauf hinweisen, gibt es zwar noch, sie rosten aber mehr und mehr vor sich hin. Kurzum: die Stadt droht, ihren Charme zu verlieren. Da hilft auch die Wahl zur „best City of asia“ nichts, über die hier ja schon geschrieben und gespottet wurde. Eher besteht die Gefahr, dass man sich auf dieser Auszeichnung ausruht - und die Preise weiter erhöht. Denn das stellt jeder Ubudkenner, mit dem wir in den letzten Wochen gesprochen haben fest: Die Preise liegen deutlich über dem übrigen Baliniveau. Das gilt für die Kleidung in den Boutiquen (das gleiche Animale-Kleid kostet in Kuta weniger als in Ubud!), Artikel in Supermärkten oder Souvenirs auf dem Markt. Nun gut, letztere waren schon immer jenseits von Gut und Böse, jetzt aber nimmt es groteske Formen an. Wir sahen eine in Silber gefasste Muschel, die uns gefiel. Startpreis der Verkäuferin: 350.000 Rp. Mitgenommen haben wir sie bei 65.000. Es gilt natürlich erst recht für Restaurants und inzwischen auch mehr und mehr für Unterkünfte. Dass viel Geld in die Stadt fließt, lässt sich auch an den zahlreichen Bau- und Renovierungsmaßnahmen erkennen. Manche Restaurants werden komplett abgerissen, um anschließend in neuem Glanz wieder zu eröffnen. Meistens gibt es dann auch eine neue Speisekarte - mit deutlich erhöhten Preisen. Neueröffnungen gibt es ohnehin nur noch im oberen Preisbereich. In den letzten Monaten haben alleine an der Jl. Raya zwei Restaurants neu eröffnet. Beide bieten auch Fische und Seafood an, die sie direkt am Straßenrand auf Eis präsentieren. Der Fischkenner sieht (und riecht) auf den ersten Blick, dass die Tiere nicht frisch sind. Darauf angesprochen, wurden sie vom Personal ausgetauscht. Ob die Ware entsorgt wurde oder in der Küche doch im Topf landete, entzieht sich unserer Kenntnis. Wir verzichteten darauf, dort zu essen. Das ganze Ausmaß des preislichen Wildwuchses lässt sich daran ermessen, dass in einem dieser „feinen“ Lokalen ein Sodawasser 20.000 Rp. kostet. (Inkl. Steuer und Service; die Angewohnheit diese 15 % auf die Rechnung aufzuschlagen, hat sich inzwischen fast überall durchgesetzt.) Wer beim Essen geschmacklich keinen Reinfall und finanziell kein böses Erwachen erleben will, ist mit meiner Empfehlungsliste vom letzten Jahr immer noch bestens bedient. Einzige Änderung: Der Warung Nasi Goreng hat seinen Namen in „Warung Little India“ verändert, was dem Angebot auch viel gerechter wird. Auch bei den Unterkünften gibt es inzwischen allerlei negative Entwicklungen. Vorab: Wenn ich vor Jahren noch geraten habe, sich eine Unterkunft in Ubud stets vor Ort zu suchen, würde ich heute von einer solchen Empfehlung absehen. Es gibt zwar sicherlich fast immer freie Unterkünfte, aber preislich kommt man wahrscheinlich mit einer Buchung daheim inzwischen besser weg. Es empfiehlt sich auf jeden Fall ein Blick in die Angebote der Veranstalter und der Spezialisten wie z. B. Yakee, die ein großes Angebot anbieten, das man auch ohne sonstiges Arrangement buchen kann. Wer auf eigenen Faust oder im Internet suchen will, sollte sich zuvor über das Preisniveau informieren. Dabei muss man inzwischen noch einen Währungsrechner bemühen, weil immer mehr Anbieter die Preise in Dollar oder gar Euro darstellen. Und einige ganz pfiffige geben sogar Personen- statt Zimmerpreise an - dann wirkt das Zimmer auf den ersten Blick preiswert. Wir haben uns in diesem Jahr viele Unterkünfte angesehen. Wer schön und luxuriös wohnen möchte, muss (und sollte!) immer noch nicht mehr als 55 Euro (= 75 US-Dollar) für ein Doppelzimmer inklusive Frühstück bezahlen (=unter 30 Euro pro Person!!). Wie gesagt: in diesem Preissegment bekommt man wirklichen Luxus! Unsere zwei aktuellen Empfehlungen: Das „D‘omah“ in Penestanan und das „Desa Sanctuary, the village“ in Pengosekan. Beides sind kleine, atmosphärisch sehr schöne Hotels. Vor allem das Desa Sanctuary hat es uns wirklich angetan. Natürlich gibt es eine Vielzahl billigere Unterkünfte, vor allem für Langzeitgäste. Allerdings ist es hier inzwischen so, dass viele der wirklich schönen Häuser über lange Zeiträume vermietet sind. Diese Situation wird sich vermutlich eher verschärfen, denn neben dem Titel „best City...“ gibt es ja noch etwas, das extreme Auswirkungen auf die Stadt haben könnte. Der Bestseller „Eat, pray, love“ kommt im kommenden Jahr in die Kinos mit Julia Roberts in der Hauptrolle. Schon das Buch hat eine Welle von „Sinnsuchenden“ aller Art nach Ubud gespült. Bei dem im Buch erwähnten Heiler stehen die Leute morgens inzwischen Schlange. Nicht auszudenken, was der Film anrichten könnte. Wir werden Ubud im nächsten Jahr auf jeden Fall noch treu bleiben und beobachten, wie es weitergeht. Andere reagieren da anders. Bekannte, die ebenfalls schon 20 Jahre regelmäßig hier zwei Monate verbringen, ziehen im nächsten Jahr nach Candi Dasa. Nachgedacht haben wir darüber ehrlich gesagt auch schon. Aber noch warten wir ab. Denn das ist ja auch klar. Auf Bali ist nichts gewiss und oft entwickeln sich Dinge ganz anders als gedacht. |
18.02.2010, 15:24 | #2 |
Admininistrator
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Beiträge: 2719
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hallo zusammen
@ matthias danke fuer deinen wieder sehr interessanten bericht ueber ubud es ist schade das ubud sich so entwickelt hat als ich waehrend meiner ersten reisen auf "unsere" insel , nach ubud gekommen bin vor fast 20 jahren war es dort noch schoen ruhig . es war zu dieser zeit auch schon etwas teurer etwas in ubud zu kaufen , aber es gab die heerscharen an touristen noch nicht , die heute in bussen rangekarrt werden.
__________________
gruss werner |
19.02.2010, 00:27 | #3 |
Routinier
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Beiträge: 317
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Hallo,
ich denke, das was in Ubud seit einigen Jahren passiert, kann man auf ganz Bali beobachten. Noch vor 10 Jahren sind wir immer wieder mal gern nach Ubud gefahren. Nach 1,5 jähriger Abwesenheit waren wir noch nie in den Jahren zuvor so erschrocken wie jetzt über die negativen Veränderungen hier. Als typisches Beispiel für die Commerzialisierung und gnadenlose Geldgier kann man hier das einst so wunderschöne dreamland sehen. Auch der tägliche Verkehr auf dem bypass und in und um Kuta herum ist schier unerträglich geworden. An den moneychangern stehen lange Schlangen, daß gabs vor 2 Jahren noch nicht. Bali ist leider nicht mehr das, was es mal war. Aber das ist wohl überall so in der Welt, die Touristen trampeln alles gnadenlos kaputt! Gruß johannes |
19.02.2010, 06:10 | #4 |
Routinier
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Beiträge: 496
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Grundsätzlich hast du mit deiner Kritik an den Touristen natürlich recht, Johannes. Trotzdem gehören zu dieser Kommerzialisierung immer zwei. Die Bauten, die überall die Landschaft verschandeln, werden zwar zu einem erheblichen Teil von Ausländern errichtet, aber das Land verleasen Indonesier, die Genehmigung erteilen Indonesier, bei fehlender Genehmigung lassen sich Indonesier schmieren, damit nicht gegen den Bau vorgegangen wird ...
Wenn es ein Reichtumsgefälle gibt zwischen den Reisenden und der bereisten Region, gibt es halt immer schwer zu steuernde Prozesse. Ich hatte bisher nur gehofft, die Balinesen könnten sich dank ihrer sehr besonderen Geschichte und Kultur länger gegen diesen Prozess der 2. Kolonialisierung wehren. Leider scheint das nicht der Fall zu sein. Salam Matthias |
19.02.2010, 13:39 | #5 |
Foren Doppel As
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Beiträge: 194
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Hallo Flüsterer,
vielen Dank für den tollen und aufschlußreichen Bericht, den ich mit großen Interesse gelesen habe. Ähnliches habe ich im letzten Jahr auch schon gedacht. Auf Bali verändert sich momentan Vieles in doch relativ kurzer Zeit. Wohin es geht bleibt abzuwarten. Noch eines: schön, dass Du hier wieder aktiv bist! Herzliche Grüße Balistar |
19.02.2010, 14:46 | #6 |
Foren Doppel As
Registriert seit: 06.04.2008
Beiträge: 192
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Danke
Hallo Matthias,
Danke für Deinen Beitrag über Ubud! Ich finde es sehr gut, dass Du, obwohl Du Dich ja zu Ubud "hingezogen" fühlst, auch beide Augen offen hast, wenn Dinge sich verändern und drohen aus dem Ruder laufen zu laufen. Ich kann nur Hoffen, das die Familien in Ubud zumindest die Kleiderordnung in den Tempeln wieder herstellen können, - wenn das jetzt sogar (endlich) wieder am Borubudur vorgeschrieben ist und wohl auf die Einhaltung geachtet wird, sollte das doch für das bisher sehr traditionelle Ubud ein Muss sein! Was Du über Chinesen in Ubud beschrieben hast, ist mir leider auch so aufgefallen. Vielleicht lernen die stolzen Balinesen in naher Zukunft diese Respekt- und Unhöflichkeit wieder als solche zu erkennen und stehen zu bleiben. Uns ist letztes Jahr passiert, dass meiner Frau, die nicht die größte und von der Hautfarbe dunkel ist, ihr genau diese Respektlosigkeit von diesen Herrenmenschen entgegenschlug. Und selbst wenn man diese höflich aufgefordert hatte, sich zu bewegen, passierte nichts. Dann mußte ich halt mit meinen 95 Kilo und 185cm vorangehen und mit leichtem Körpereinsatz Platz für uns machen. Ich bin gespannt, wenn wir im September wieder auf Bali sind, was uns in Ubud erwartet. Übernachtet habe ich dort das letzte Mal vor 6 Jahren, diesemal sind wieder ein paar Tage geplant. Vielleicht werde ich mit Sehnsucht an diese Einleitung aus den Lonely-Planets der 90er Jahre denken müssen "... and Ubud is one of those places where days can become weeks and weeks become months." Viele Grüße und weiter viel Spaß auf Bali, Gotthard |
22.02.2010, 13:06 | #7 |
Haudegen
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Beiträge: 689
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Hallo Matthias,
großes Lob und DANKE für Deinen sehr ausführlichen Bericht. Über diese ,teils sehr negativen Entwicklungen, hatten wir ja bei unserem Treffen letztes Jahr schon gesprochen. Das wird wohl so nicht mehr aufzuhalten sein. Trotz allem wünsche ich noch schöne Tage in Ubud.
__________________
Viele Grüße Mahalo Arbeite um zu leben und lebe nicht um zu arbeiten |
22.02.2010, 15:33 | #8 |
Routinier
Registriert seit: 21.12.2005
Beiträge: 585
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Hallo Matthias!
Aus meiner Perspektive: Bali verliert seinen Charme. Leider. Je mehr Touristen in ein Land strömen, desto größere "Verwüstungen" werden angerichtet. Der Norden Balis sowie die Ostküste beginnend ab Candi Dasa bis nach Amed/Tejakula sind touristisch noch nicht so überlaufen, aber wohl nur eine Frage der Zeit. Mich zieht es schon seit 2 Jahren vermehrt auf die Nachbarinsel Lombok, aber mag mir nicht vorstellen, wie's dort ausschaut, wenn der neue Flughafen fertig sein wird. Immerhin zieht es mich seit 1988/89 nach Bali und diese Entwicklung stimmt einen traurig. Die Balinesen, die ich kenne, sind allesamt froh, daß es so brummt und nur ganz wenige (!!!) verstehen meine Bedenken. Du solltest es Dir besser nicht vorstellen, WIE rummelig es im Juni-August in Ubud zugeht oder man bleibt in seinem außerhalb liegenden Hotel. Das "Zentrum" habe ich schon als "Kuta in the mountains" bezeichnet. Liebe Grüße nach Bali von Heike |
22.02.2010, 23:24 | #9 |
Routinier
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Hallo Heike,
ich stimme Dir vollkommen zu. Ich bin völlig erschüttert über die rasante negative Entwicklung von Bali. Gruß johannes |
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